Moin, liebe Leute!
Ich habe mir den Jubiläums-Bass vor allem wegen der guten Bewertungen, wegen des gerösteten Halses und der tollen Farbe gekauft. Nach sehr intensiven Tests muss ich sagen: Trotz der kupfergoldenen Farbe ist hier längst nicht alles Gold, was matt glänzt. Die Lobeshymnen halte ich für teilweise übertrieben oder die Rezensenten hatten allesamt bessere Exemplare erhalten als ich - Serienstreuung und so ;).
Ich hatte vor geraumer Zeit mal den "normalen" Enhanced geordert. Der ging aber aufgrund des wirklich nicht guten Humbucker-Sounds, zu vielen kleinen Verarbeitungsmängeln, vielen kleinen körnigen "Pickeln" am Hals und der extremen Kopflastigkeit zurück. Habe dazu auch eine Bewertung abgegeben, die müsste noch online sein. Aber: Den direkten Vergleich gewinnt das Jubiläums-Modell in fast allen Bereichen: Die Verarbeitung ist besser, die Kopflastigkeit nicht besonders ausgeprägt und der Humbucker klingt besser - wahrscheinlich wurde er diesmal richtig verdrahtet. Aber nun zum Jubiläums-Modell.
Verarbeitung:
Die Farbe ist toll, die Lackierung bei meinem Modell aber nur befriedigend. Es gibt recht viele kleine schwarze Einschlüsse im Lack, die man spürt und sieht. Auf der Rückseite weist mein Exemplar zudem eine matte Stelle auf - dort sieht es so aus, als ob der Lack recht hemdsärmelig ausgebessert wurde. Am Headstock gibt es leichte Druckstellen am Übergang zum Griffbrett. Die Pickguard-Schrauben sind - wie bei HB leider so oft - teilweise schief eingeschraubt und stehen teilweise über. Die Potis sitzen ebenfalls schief auf dem Griffbrett. Der Hals ist kräftig geröstet, das Flaming ist vorhanden, aber recht unregelmäßig und oben am Hals stärker als in der Mitte. Das Bundstäbchen des 13. Bundes ist das einzige, das man beim Spielen merkt, da es nicht perfekt abgerundet wurde. Die massive Brücke lässt sich ganz okay justieren, deren Einstellschrauben sind aber teilweise recht schwergängig und wirken billig. Die Stimmmechaniken reihen sich hier ein: Sie laufen recht schwergängig, halten die Stimmung aber zuverlässig.
Bespielbarkeit und Einstellbarkeit
Abgesehen vom eben angesprochenen Bundstäbchen ist die Bespielbarkeit wirklich hervorragend und um Klassen besser, als es der Preis nahelegt. Die Saitenlage lässt sich schnarrfrei sehr tief einstellen, was für eine sehr gute Bundierung und Bundabrichtung spricht. Der Hals fühlt sich absolut fantastisch an. Keine "Pickel", perfekte Satinierung für die optimale Balance aus Grip und Slidbarkeit. Übrigens: Mein Enhanced wiegt trotz der schweren Mechaniken deutlich unter 4 Kilogramm. Sehr schön! Der normale Enhanced war da eher von der Sorte "Boatanchor".
Klang
Ich hatte durch meine Erfahrungen mit dem "normalen" Enhanced damit gerechnet, dass ich die Tonabnehmer und Elektronik austauschen werde. Für letztere gilt das weiterhin: Die aktive Elektronik betont die Tiefmitten bei meinem Modell sehr stark und in den unpassendsten Frequenzbereichen. So ist es mit den zwei Bändern des EQs schwierig, einen ausgewogenen Klang einzustellen, der nicht dröhnt und nicht zu näselig ausfällt. Kurz: Die Elektronik fliegt bei meinem Bass bald raus, ich finde sie unbrauchbar. Selbiges hatte ich von den Pickups erwartet. Aber, weit gefehlt: Schaltet man den Bass auf passiv, kann man sich den unverfälschten Klang der Rosswels anhören und die klingen in diesem Bass für meinen Geschmack richtig, richtig gut. Auch der angesprochene Humbucker liefert jetzt ein ordentliches Pfund, wobei es natürlich aufgrund seiner sehr brückennahen Positionierung nicht für einen Stingray-Sound reicht. Klanglich eher ein Singlecoil auf Steroiden. Aber zusammen mit dem unfassbar schiebenden P-Pickup passt das für mich wirklich ausgezeichnet. Einen Vintage-P-Knurr darf man aber nicht erwarten. Den braucht es aber auch nicht, der Bass hat (passiv) mit beiden PUs in Mittelstellung einen eigenen, modernen und durchsetzungsfähigen Klangcharakter, der mir jedenfalls sehr gefällt.
Das Problem
Leider, leider, leider hat mein Bass einen Deadspot, den ich so noch nicht erlebt habe - nicht mal bei meinen dafür berüchtigten Fender Bässen. Der 9. Bund auf der D-Saite (H) ist so gut wie tot. Bei schnellen Läufen fällt es nicht stark auf. Aber bei Akkorden oder wenn man das H länger stehen lassen will, ist der Ton nach einer Sekunde weg. Dabei resoniert der Hals seltsam, sodass die leere E-Saite anfängt zu schwingen und klingen - das ist echt finster. Gut, das lässt sich natürlich dämpfen und um exakt dieses hohe H sollte ich einen großen Bogen machen. Dennoch ärgerlich. Vielleicht bringt die Installation von Lightweight-Mechaniken wenigstens ein wenig Besserung.
Fazit
Trotz der vielen kleinen Verarbeitungsmängel und dem Deadspot werde ich den Bass wohl behalten. Mechaniken und Elektronik werden aber zeitnah getauscht. Lohnen sich dann die 500 Euro überhaupt? Ich denke schon, auch wenn andere Hersteller wie Sire oder Sterling by Music Man eine bessere QC und Lackiermeister*innen zu haben scheinen und preislich in ähnlichen Regionen mit teilweise ähnlichen Features unterwegs sind. Aber der HB ist ein eigenständiges Instrument und vor allem der Hals rechtfertigt aus meiner Sicht den Preis (abgesehen vom Deadspot, ihr wisst schon).