Harley Benton HBZ-2005FL NT Deluxe Series

Da ich schon mit dem 6-Saiter ( BZ-6000 NT) zufrieden war, dachte ich mir was soll man schon verkehrt machen bei dem Preis.
Nichts das Instrument ist echt der Wahnsinn, für den Preis muss man natürlich mit Abstrichen bei der Elektronik und den Tonabnehmern rechnen, aber wenn man sich einen Satz gute Saiten dazu bestellt kann man schon mal vieles kompensieren, und der Ton kommt ja bekanntlich eh aus den Fingern.

Der Ton ist wirklich schön sehr holzig und warm, mit dem Eq und Spieltechnik kann man ihm aber auch durchaus, Pastorius ähnliche Klänge entlocken.
Der Hals ist bei richtiger Einstellung sehr angenehm spielbar, die Saiten bekommt man ziemlich tief runter.
die Mechaniken sind sehr gut, halten die Stimmung drehen flüssig, besser als die des 6-saiters.
Das was mir an einem Bass wichtig ist ist der Wohlfühl-effekt und der ist absolut vorhanden.

Als ich den Bass geliefert bekam, war die Verpackung etwas aufgeweicht durch einen vorhergehenden Regen, jedoch ist die Feuchtigkeit glücklicherweise nicht bis in die Bassverpackung gedrungen. Was die Verarbeitung des Basses anbelangt, waren ein paar kleine Lack Mängel zu sehen jedoch habe ich dieses Problem soweit wie möglich mit Möbelauffrischer und einem Küchenschwamm ausgemerzt. Ich habe in der Vergangenheit auch schon mal eine PRS SE Gitarre gekauft, nicht bei Thomann, welche für ihren höheren Preis durchaus Lackmängel auf zu weisen hatte, jedoch für den Preis des HBZ-2005 FL NT wäre das Klagen auf hohem Niveau. Was die Elektronik anbelangt, hätte ich auch nichts zu beanstanden. Ich habe aus früheren Tagen einen Westone Thunder IA Fretless Bass, welchen ich durchaus bei einer CD Produktion eingesetzt hatte, der HBZ-5000 FL NT steht diesem Bass in keiner Weise etwas nach. Da ich selbst in jüngeren Jahren Kontrabass im Konservatorium gelernt habe, ist ein Fretless Bass ohne Hilfslinien für mich kein Problem. Ich habe natürlich im Thomann Angebot nach anderen Marken Ausschau gehalten, jedoch hatten die meisten Fretless Bässe Hilfslinien am Hals. Also bei der Anschaffung eines Fretless Basses heisst es, Gehör trainieren und üben. Fretless Bass spielen mit Hilfslinien ist wie mit aufblasbaren Schwimmärmeln im Schwimmbad rum planschen, also professionell wäre das für meine Begriffe nicht. Also fazit. Es muss nicht immer 'Made in USA' sein, in Asien bauen die Instrumentenbauer durchaus brauchbare und hochwertige Instrumente. Bei anderen Marken hätte man für einen Bass dieser Qualität durchaus mal 1.500.- Euro + über die Theke gehen lassen.

Dieser Bass ist im Grunde zu günstig.
Sämtliche bisherigen erhobenen Einwände bezüglich der Verarbeitung usw. mögen im Einzelfall richtig sein und sind wohlbegründet. Ein Produkt muss im bestmöglichen Zustand ausgeliefert werden. Ich hatte vor vier Jahren ein sehr gutes Modell mit nur geringen Schwächen erhalten, angesichts des Preises aber eher lachhaft.

Ich spiele den HB mit Roundwound-Saiten und zwar mit Fodera Light High C. Damit ist der 5-Saiter stimmungstechnisch aufgebaut wie eine sechssaitige Gitarre ohne das hohe E. Die H-Saite bekommt mit dem HB einen recht metallischen, fast vorlauten Ton, der nicht ganz zur Charakteristik der übrigen Saiten passen will, aber erstens konnte man das erwarten und zweitens kann man die Spieltechnik diesbezüglich etwas anpassen.

Mit den Roundwounds spielt sich der HB sehr gut, das Griffbrett hat nach vier Jahren keine Abnützungsspuren und der Sound wird damit sehr universell. Mit ein und derselben Einstellung ohne jeden Effekt, gewissermaßen "trocken" nur verstärkt, lässt sich eine phantastische Bandbreite aufziehen. Also: fretless, roundwound, 5-String, eine Quart höher. Und ich bin sicher, dass ich keineswegs alle Möglichkeiten ausreizen kann, da ich nur mit den Fingern spiele, niemals Plecs verwende, auch auf fretted Bässen nicht. Und dennoch kann ich in ein und demselben Song ohne Einsatz von Reglern einen gedämpften obertonreichen Fretless-Sound und einen metallisch funkigen, ebenso obertonreichen Sound erzielen, denn etwa mit dieser Saitenspezifikation klingen Slap-Sounds offen und hell. Ja, ein Fretless-Bass lässt sich auch slappen, und dafür ist die H-Saite des Fodera-Sets genial. Auch Akkorde klingen tatsächlich nicht zu verwaschen.

Ich habe kleine Hände und empfinde den Hals des HB als hervorragend. Er liegt wirklich sehr gut in der Hand und ist aufgrund des Gewichtes des Basses fast schon zu wenig kopflastig, um es einmal so zu sagen.

Wer von einem 4- auf einen 5-Saiter umsteigen oder sein Set damit ergänzen möchte, dürfte mit diesem Bass keine Probleme haben; die Saitenabstände sind nicht zu groß. Ein fretted 6-Saiter, der Marcus Miller M7, macht mir deutlich mehr Mühe; es ist für mich jedes Mal eine Herausforderung, darauf zu spielen. Ich habe keine Hände wie Alain Caron...

Grundsätzlich orientiere ich mich bei der Bewertung daran, was erwartet werden kann. Würde man Harley Benton nicht kennen, müsste man, gemessen am Preis, tendenziell weniger erwarten.
Stellen wir einen statthaften Vergleich an: der Harley Benton und ein Marleaux Consat Custom. Beide 5-String, beide fretless. Statthaft deshalb, weil ich nicht den dreizehnfachen Preis des Marleaux referenzieren möchte, auch wenn es nicht ganz ohne geht. Der Mehraufwand des Marleaux zeigt sich für mich z.B. im unfassbaren Spielgefühl, Hals und Gewichtstarierung sind wahrscheinlich nahe an der Perfektion. Und dann natürlich die Handarbeit.
Beide Bässe klingen so gut und spielen sich so gut, dass die Unterschiede zwar absolut sein mögen, aber dennoch relativ sind. Habe ich die Möglichkeit, mir einen Marleaux zu kaufen, dann gut. Wenn nicht, dann dank dieses Harley Benton-Basses auch gut. Es ist eine pure Freude, diesen HB in die Hände zu nehmen und zu bespielen, und angesichts des Preises noch viel mehr. Im Übrigen ist der Bass wunderschön.

Zum Eingangssatz zurück: Ich hätte den HB gerne in Handarbeit (was ja augenscheinlich gar nicht nötig ist) und in Europa hergestellt (was z.B. angesichts der verwendeten Hölzer möglicherweise gar nicht sinnvoll wäre) und würde dann auch entsprechend deutlich mehr zahlen. Das klingt zynisch, ist es aber nicht. Zwei Aspekte, die sich ausschließen: der Bassist mit beschränktem Budget einerseits (wie ich vor Jahren auch) und die Perfektionierung eines sehr guten Basses mit gleichzeitig entglobalisierter Fertigung mit all ihren gewaltigen Problemen andererseits. Beides zusammen ist nicht zu haben, daher bin ich sehr froh, dass es solche Bässe zu diesem Tarif gibt.

Für das Gesamtpaket gäbe ich einen sechsten Stern.

Eigentlich bin ich Keyboarder aber für's Home-Studio wollte ich einen E-Bass. Als ich beim Stöbern auf diesen hier stieß, war ich sehr angetan vom Finish. Recherchiert und gleichzeitig mit den schwarzen Rotosound RS885LD Black Nylon-Saiten bestellt. Ich wurde nicht enttäuscht.

Natürlich kann ich nicht aus der Sicht eines erfahrenen Bassspielers argumentieren aber das Instrument ist optisch ond technisch in Ordnung. Es bleibt stimmig nach bespielen. Zwecks "Bund"-Reinheit und Schnarren der Saiten auf dem Griffbrett musste ich noch nachjustieren - Alles kein Problem, Werkzeug liegt bei.

Fazit: Kauf nicht bereut, sieht toll aus mit den schwarzen Saiten und für Aufnahmen einfach kurz durchstimmen und loslegen. Fretless-Sound ! Ob mit Bundstäben oder ohne ist doch wurscht. Kauft euch das Teil und spielt. Entscheidend ist doch, was hinten raus kommt.

Auch vielen Dank an Fa. Thomann, alles heile angekommen.