Viele Jahre begleitet mich meine Breedlove Studio Atlas schon neben meinem Hauptwerkzeug, der E-Gitarre. Allerdings meist im Schatten. Zumeist vermutlich, da ich lieber laut rocke. Wie sich nun aber herausstellt u.a. auch, da die Gitarre einen zum Spielen inspirieren muss. Hier sind wir nun auch schon bei der J45.
Nachdem ich auf Grund von feierlichen Anlässen zuletzt wieder mehr zur Akustikgitarre greifen "musste", habe ich ich mich auch wieder stärker dafür interessiert und damit auseinandergesetzt. Wie es eben so ist, man durchforstet auch das Internet nach Optionen, Standards, nach Rezessionen, nach Optimierungsmöglichkeiten.
So bin ich zur Gibson J45 gekommen. Ein Standard der auf unzähligen Platten zu hören ist und das merkt man auch sofort wenn man sie spielt. Es klingt vertraut und das definitiv im positiven Sinne.
Nun zur Gitarre, meinem Test und meinen Abwägungen.
Nachdem ich mich vorab reichlich zur J45, ihren Varianten und auch Alternativen wie Martin D18 etc. informiert habe, bin ich zu Thomann gefahren um das Ganze live und in Farbe zu testen. Die Erfahrung, gerade bei Gibson, lehrte mich auch besser einmal mehrere Gitarren der gleichen Baureihe zu vergleichen. Genau das war auch dieses Mal wieder nötig. Dazu gleich mehr.
Preislich eingegrenzt auf J45 Standard und 50s J45 habe ich im Geschäft dennoch auch die "Banner" mit in den ruhigen Testraum nehmen dürfen. Zum Vergleich auch eine Martin D18.
Was sich gleich gezeigt hat, die Martin klingt weitaus präsenter, mehr nach vorne, mehr "in your face". Das klingt super, ist aber für mich, der die Akustikgitarre meist nur zur Begleitung und kleineren Solopassagen nutzt, nicht Ziel gewesen. Daher, trotz 1A Sound, blieb es bei Gibson. Auch Taylor hatte ich in der Hand. Ist nicht mein Sound den ich suche.
Die J45 hat etwas Tiefes, Warmes und doch Brillantes zu gleich. Sehr ausgewogen, doch auch präsent, aber dennoch optimal um auch im Hintergrund bleiben zu können. Das hatten die anderen Hersteller bzw. deren Modelle die ich getestet hatte nicht unbedingt.
Also blieben Standard J45 und 50s J45. Die Banner hatte rein als High End Vergleichsinstrument. Hat mich aber nicht "umgehauen". Zur Standard und 50s gibt es viele Meinungen im Netz, die häufig die 50s als die bessere J45 definieren (Knochensattel, dickerer Hals, etwas mehr auf Vintage getrimmt).
So auch mein Ersteindruck. Die 50s klang zunächst im Erstvergleich größer, lauter (Hals?) und mit mehr Punch. So war beim ersten Anspielen eigentlich klar, die 50s wird es.
Rein optisch finde ich beide schön, jedoch hat mich die schwarze Lackierung des Halses und des Rückens bei der Standard J45 sofort in ihren Bann gezogen. Das blieb auch über die nächsten 3h Testen so und schwang immer etwas unterbewusst mit. Aber auch die 50s ist natürlich ein Hingucker. Einen Tick schöneres Vintage Sunburst (wärmer), etwas klassischer bezogen auf Tuner und das größere Pickguard muss man mögen.
Nach wirklich langem hin und her und da habe ich bald auch gemerkt, dass mein Gehör eine Pause benötigt, bin ich aber bei der J45 Standard gelandet. Klar etwas wegen der Optik, viel mehr aber wegen meinem eigentlichen Ziel, der Begleitung, der musikalischen Untermalung.
Genau das ist es vermutlich auch was die Standard auszeichnet. Eben die etwas zurückgedrehte Präsenz oder hier eigentlich vielmehr weniger untere Mitten. Nach dann doch 1,5h ohne Pause war mein Gehör im kleinen Testraum irgendwie von der 50s J45 mehr beansprucht worden als es die Standard getan hat. Ich will nicht sagen anstrengender, denn das wäre definitiv falsch, aber ich habe doch gemerkt, dass beim Schwenk zur Standard irgendwie eine gewisse Leichtigkeit, Luftigkeit zurückkam, die bei der 50s durch das Mehr an Punch nicht gegeben war. Es lässt sich schwer beschreiben.
Der dritte Teil meiner Rezession bezieht sich auf die Verarbeitungsqualität und die Unterschiede innerhalb der Modellreihe J45 Standard.
Ich hatte mir von Anfang an zwei "gleiche" J45 Standard mit in den Testraum genommen. Eine aus der Ausstellung, eine aus dem Lager.
Hier gab es bereits klangliche und qualitative Unterschiede.
Die aus der Ausstellung hatte diverse Rückstände (Politur, Leim, ich weis es nicht) auf dem Griffbrett bzw. den Kanten. Womöglich wegzupolieren, aber das darf bei über 2,5k€ nicht sein. Klanglich hatte die aus der Ausstellung dezent mehr Mitten, als die aus dem Lager. Letzten Endes, ebenfalls nach einer weiteren Stunde Testen, sollte es die J45 aus dem Lager werden.
Doch oh Schreck, als ich zusammenpacken und zur Kasse wollte, habe ich im Gegenlicht erkannt, dass die Gitarre rundum mit Flecken, einer Art Muster versehen war. So als ob die Gitarre noch zu feucht nach der Lackierung in den Koffer kam und das Kofferfutter sich an Zarge und Boden abgedrückt hat. Nach Rückfrage an der Kasse, wurde versucht mit Tuch und Reinigung dies zu beheben. Erfolglos.
Man hat es nicht direkt gesehen, aber wenn man es weis, stört es.
Also Glück gehabt, eine weitere war im Lager und wurde innerhalb der nächsten Stunde in den Laden gebracht. Hier auch Danke an die durchweg freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiter.
Glück im Unglück, die zweite Lagergitarre war optisch in bester Ordnung, klanglich sogar noch einmal ein kleines Stück mehr nach meinem Geschmack. So wurde es diese J45 Standard, mit der ich nun hoffentlich lange Spaß haben werde!
Zusammenfassung:
- Die Standard J45 hat einen unglaublich ausbalancierten Ton, der sich super in jeden Song integrieren lässt. Der Sound inspiriert nicht zuletzt, da man ihn einfach kennt. Vom Handling liegt sie wunderbar in der Hand. Der Hals ist für E-Gitarrenspieler, die gerne kräftigere Hälse mögen, genau richtig. Der Hals der 50s nochmal ein Stück voluminöser.
- Der Kauf lohnt sich in jeglicher Hinsicht, nehmt euch aber die Zeit und kommt ins Geschäft um zu vergleichen. Leider ist die Qualitätsschwankung bei Gibson, insbesondere bei der Verarbeitung, einfach zu groß.