Nachdem ich überwiegend nach einer amplosen Lösung für ein Wohnzimmer-Pedalboard gesucht habe, mit dem ich über Kopfhörer spielen kann, hatte ich es mit Modellern im unteren bis mittleren Preissegment versucht (z.B. TC electronic deluxe 65, Fender Mustang Micro, etc.).
Ich muss sagen, dass es selbst bei günstigen Lösungen heutzutage praktisch keine schlechten Sounds mehr gibt.
Was bei mir ausschlaggebend war, weiter zu suchen, war das Spielgefühl.
Irgendwie ist bei den gemodelten Amps die Reaktion und das erwartete Soundverhalten nicht immer so angenehm wie bei meinen Röhrenamps.
Im Angebot habe ich somit nach lesen und anschauen von diversen Rezensionen den Tube King Imperial Preamp erworben.
Getestet habe ich ihn zunächst über Kopfhörer und bereits hier kam die Begeisterung. Das Spielgefühl gleicht dem eines Röhrenamps über eine UA-Ox-Box mit Kopfhörern.
Die beiden Kanäle lassen sich unterschiedlich gestalten - fette Cleansounds, welche sehr schön schmutzig angedickt werden können, sowie im zweiten Kanal von knackigen Overdrive-Rhythmus-Sounds bis hin zu fetten, oder auch fuzz-ähnlichen Lead-Sounds ist hier einiges im Portfolio.
Hall und (stereo-)Tremolo sind Mega. Nach meiner Wahrnehmung übersteigt der Grundsound den eines Strymon Flint, auch wenn dieser mehr und detailliertere Effektoptionen bietet.
Routing:
Die XLR-outs können bei einem Gig direkt ins Pult und geben alles aus, was am Preamp eingeschleift ist.
Das Teil hat einen eigenen FX-Loop (Mono-Send, Stereo-Return). Außerdem kann man z.B. einen Amp mit seriellem Loop als zusätzlichen Kanal einschleifen und den Hall und das Tremolo auch dafür nutzen.
Die Vorstufe des eingeschleiften Amps wird auch über die XLR-Outs mit den IRs wiedergegeben, was bei einem Gig eine Mikrofonabnahme erspart.
Ein Röhrenamp braucht natürlich nach wie vor eine angeschlossene Last aber man kann z.B. den Amp (nicht zu lange!) theoretisch zum leisen Spielen im Standby halten, die Vorstufe wird über den FX-Loop an den Tone King ausgegeben.
Für Aufnahmen über ein Interface in eine DAW ist alles abgedeckt, klingt klasse und ist unkompliziert.
Vergleich:
Die einzigen vergleichbaren Pedalboard-Amps, die mir einfallen sind die drei von Friedman. Um diese jedoch ähnlich flexibel zu bekommen, benötigt man dazu noch ein Gerät wie das KMA Endgame, was dann insgesamt eine wesentlich teurere Lösung ist und man daduch noch nicht den klasse Hall und das Tremolo des Tube King hat.
Stromversorgung:
Für mein Wohnzimmer-Setup betreibe ich den Tone King Imperial Preamp (12V, 800mA) an einem Akku-gepowerten Harley Benton PowerPlant ISO-Li05, und kann, zusammen mit einem TC Plethora X1, sowie einem analogen Delay und einem Overdrive gut 2 Stunden sorgenfrei spielen. Dies vermeidet schonmal Brumm-Einstreuungen über das Stromnetz.
Positiv:
+ praktischer & logischer Aufbau
+ Wirkt robust, ich würde es aber dennoch vorsichtig transportieren, so lange die Röhren warm sind
+ Routingmöglichkeiten!
+ intuitive Software, ausreichende Auswahl an passenden Lautsprecher-IRs
Etwas weniger positiv:
- scheint etwas empfindlich für Einstreuungen zu sein, aber darauf wird im Manual hingewiesen
- Potieinstellungen nicht speicherbar, was aber dem analogen front-end-Aufbau geschuldet ist. Das haben meine Amps aber auch nicht :-)
Fazit:
Meiner Meinung nach ist das momentan die überzeugendste Pedalboard-Preamp-Lösung, bei der auch Amp-Puristen auf ihre Kosten kommen. Für mich: eigentlich zu schade für's Wohnzimmer! :-)