3. Klassische Hallgeräte

Welchen Sound erwarten viele Musiker, wenn von einem Reverb die Rede ist? Die meisten Gitarristen verstehen unter Reverb eher einen typischen Federhall oder Plattenhall. Der natürliche Klang eines Raumes oder einer Halle ist eher bei den Studiotechnikern gefragt.

Federhall

Klassische Hallfeder

Hallspiralen wurden schon sehr früh in Amps eingebaut. Erstmals wurde der Federhall in den 50ern in Gitarrenverstärkern eingebaut und ist bis heute in vielen aktuellen Amps zu finden. Der Federhall ist eine einfache Konstruktion mit einem Transducer an einem Ende und einem Pickup am anderen Ende. Dazwischen sind mehrere Federn eingespannt. Der Transducer wandelt das elektrische Eingangssignal in mechanische Schwingungen, die von den Federn übertragen werden. Der Pickup am anderen Ende wandelt die Schwingung der Federn wieder zurück zum Ausgangssignal. Die Elastizität der Federn erzeugen ein komplexes Bewegungsmuster, dass für einige Zeit nachschwingt und dem natürlichen Hall in gewisser Weise ähnelt. Die Qualität des Halls ist abhängig von der Anzahl und Spannung der verendeten Federn. Die Stärke des Hallanteils kann mit einem Mix- Regler von "trockenen" bis zu 100% stufenlos geregelt werden.

Aufbau eines Federhalls

Der Federhall betont etwas die hohen Frequenzen aber nie zu hart. Die besten Federhall Reverbs haben einen warmen, natürlichen Klang, der besonders bei Blues Gitarristen beliebt ist. Obwohl der Aufbau einen Federhalls recht simpel ist, so ist die Klang-Qualität von vielen Faktoren beeinflussbar. Daher wurde der Effekt bei vielen modernen Gitarreneffekten und Gitarrenverstärkern in digitaler Form nachempfunden.

Wenn ein Amp mit echtem Federhall angestoßen wird, erzeugt die Hallfeder ein schrilles Geräusch, dass an Vintage-Sci-Fi-Effekte erinnert - ob das jemand bewusst macht, sei dahingestellt :-). Eine digitale Emulation dieses Effekts wurde bisher auch noch nicht gebaut.

Hallplatte

Eine sehr einfache Version des Federhalls verwendet statt Spiralfedern eine oder mehrere dünne Metallplatte(n) oder Metallblätter. Das ist eine sehr einfache Modifikation eines klassischen Federhalls - klingt aber etwas natürlicher. Allerdings ist die Konstruktion wesentlich größer und empfindlicher als normale Federhall Geräte. In Gitarrenverstärkern sind Hallplatten nicht zu finden. Daher wurden bzw. werden Hallplatten nur im Studio verwendet - es können damit auch Vocal-Aufnahmen bearbeitet werden.

Hallkammern

Bevor digitale Halleffekte entwickelt wurden, war die Hallkammer im Studio die einzige Möglichkeit, natürlich klingenden Hall zu erzeugen. Die Idee dahinter ist, den Nachhall eines realen physikalischen Raumes zu erfassen, indem man den "trockenen" Sound über eine Lautsprecherbox in diesem Raum abspielt und über ein oder mehrere Mikrofone wieder aufnimmt. Die Länge des Halls ist abhängig von der Größe des Raumes. Der Klang des Halls ist abhängig von der Platzierung des Lautsprechers, des Mikrofons im Raum sowie deren Entfernung zu schallreflektierenden Wänden sowie deren akustischen Eigenschaften. Räume mit stark Schall reflektierenden Eigenschaften (Fliesen, Beton etc.) eignen sich besonders gut. Der legendäre britische Produzent Joe Meek nutzte dazu die Sanitärräume seines Studios. In anderen Studios mussten auch schon mal Treppenhäuser etc. dafür herhalten. Aufwändigere Produktionen haben den Hall in einer Kirche oder in einer Konzerthalle genutzt. Um einen Sound reproduzieren zu können, sollten Fotos von der Aufstellung des Lautsprechers und des Mikrofons im Raum gemacht werden. Ist ein fester Raum vorhanden, können auch Markierungen mit Gaffa am Boden helfen.

Inzwischen sind digital erzeugte Halleffekte so realistisch, dass eigens konstruierte Hallkammern nur noch in wenigen High-End Studios zu finden sind. Um mit digitalen Prozessoren konkurrieren zu können, müssen Hallräume absolut schalldicht sein. Dazu muss bereits beim Bau eines Studios ein entsprechender Bereich dafür vorgesehen werden. Nicht selten werde auch unterirdische Hallröhren/Halltunnel gebaut.

Ambiente

Natürlich ist es am Einfachsten, die Aufnahme gleich in einem gut klingenden Raum zu machen - und so wurden viele bekannte Aufnahmen mit dem natürlichen Hall der Location gemacht. Besonders klassische Aufnahmen erwachen Dank der genauen Abbildung vom Stereobild eines Orchesters oder Chors einschließlich der Akustik des Veranstaltungsortes zum Leben. Wenn besonders auf die Abnahme des genauen Stereobildes Wert gelegt wird, reicht eine einfache Mikrofonierung mit zwei oder drei Kleinmembranmikrofonen. Damit werden mit dem direktem Signal auch die Schall-Reflektionen des Raumes indirekt eingefangen und aufgezeichnet. Je größer der Abstand der Mikrofone zur Schallquelle ist, um so mehr Raumanteil wird von den Mikrofonen erfasst. Um bei der Aufnahme den Hallanteil besser kontrollieren zu können und ggf. auch im Nachhinein anpassen zu können, kann das Ensemble möglichst nah mikrofoniert werden und ein weiteres Mikrofonpaar in einiger Entfernung nimmt separat einen größeren Raumanteil auf. Beim Abmischen der Aufnahme kann dann der Hallanteil optimal eingestellt werden.

Ein gut klingender Konzertsaal oder Aufnahmeraum kann natürlich auch als Hallraum verwendet werden. Zum Beispiel bei der Aufnahme von "Eleanor Rigby’" von den Beatles. Die Aufnahme der Streicher wurde ursprünglich im Abbey Road Studio Two zu trocken aufgenommen. Bei der neuen Abmischung des Tracks etwa dreißig Jahre später benutzte George Martin den größeren Live-Raum von Studio One, um mehr Hall hinzuzufügen.

Digitale Halleffekte

Halleffekte auf aktuellen Aufnahmen werden fast ausschließlich digital erzeugt. Im Jahr 1978 wurde mit Aufkommen der ersten brauchbaren digitalen Effektgeräte die Wende von der analogen Technik zum digitalen Reverb vollzogen.

Lexicon 480L
Lexicon 480L

Die meisten digitalen Halleffekte werden durch die Kombination von vielen separaten Delays erzeugt - eine solche Fülle von Delays übersteigt die Möglichkeiten analoger Elektronik. Lexicon entwickelte mit dem 480L einen digitalen Hallprozessor, der über 15 Jahre lang quasi zum Studiostandard wurde. Der Lexicon-Hall ist auch heute noch in vielen hochwertigen Effektgeräten, digitalen Mischpulten und Software Plugins enthalten.

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